Die Schweizer Hotellerie genießt weltweit den besten Ruf, eine
Tätigkeit in einem Schweizer Hotel gilt immer noch als das
„Non-plus-Ultra“, wenn man in seinem Beruf weiterkommen und Karriere
machen möchte. Dadurch wird nicht nur die Ausbildung interessanter und
abwechslungsreicher mit verbesserten Job-Aussichten nach Beendigung der
Lehre, auch für die persönliche Weiterentwicklung ist das ein ganz
großes Plus.Also entschloss auch ich mich, die Reise in die
Schweiz anzutreten.
Ich heiße Tatjana, bin 18 Jahre alt und komme aus
Saulgrub, einem kleinen Dorf am Alpenrand in Oberbayern. Ich mache eine
Ausbildung zur Hotelkauffrau im Gesundheitszentrum Oberammergau – Hotel
am Kofel - und befinde mich zur Zeit im zweiten Lehrjahr. Das besondere
an meinem Ausbildungsbetrieb ist, dass wir nicht nur Hotel, sondern auch
eine Rehaklinik sind, was einen breiten Fächer an Aufgaben und Gästen
bietet. Auf den Austausch bin ich von meinem
Ausbildungsbetrieb aufmerksam gemacht worden. Meine Kollegin Andrea
bekam vor drei Jahren die gleiche Chance als sie noch in der Ausbildung
war. Seit dem kommt sie aus dem Schwärmen über die Schweiz nicht mehr
raus. Oder wie wir sagen: Sie wurde schwyzifiziert. Nach
einigen organisatorischen Regelungen stand dann auch endlich der Termin
fest: Reiseantritt der 14. Mai 2016 und Heimreisetermin sei der 4. Juni
2016. Der Austauschbetrieb Hotel Sommerau Ticino ist ein
Familienunternehmen und wurde von der aus Tessin stammenden Familie
Frapolli 1931 gegründet, die es heute noch führt. Sie haben seit dem ein
weiteres Restaurant in einem Golfclub eröffnet und bieten auch
erfolgreich Catering an, sogar auf einem Schiff das auf dem Zürichsee
fährt.Ich war wirklich extrem nervös. Ich habe mir so viele
Gedanken gemacht was alles schief gehen könnte! Als dann der Tag
gekommen war, saß ich mich mit aufgeregt ins Auto und fuhr los. Da ich
noch nie so eine Strecke alleine auf mich genommen habe und ich meinen
Führerschein noch nicht allzu lange habe, begleiteten mich meine Eltern
in einem separaten Auto. Die Zwei freuten sich über zwei Tage Urlaub in
der Schweiz. Nach einer sehr verregneten Fahrt und ein paar kleinen
Navigationsproblemen war ich dann endlich in Schlieren angekommen.
Aller
herzlichst empfingen uns meine Gasteltern. Köstlich wurden wir in
Empfang genommen, wortwörtlich! Wir würden bestens bekocht und wir
verstanden uns auf Anhieb prima.
Zwei Tage später begann dann
auch schon mein erster Arbeitstag an der Rezeption. Bei einer
Hausführung stellte ich mich jedem vor. Auf Anhieb verstand ich mich mit
allen gut, die Atmosphäre war auch sehr familiär, denn das Hotel ist
mit 50 Angestellten einiges kleiner als mein üblicher Arbeitsplatz. Für
die erste Woche war Frühdienst an der Rezeption vorgesehen, also von
6:00 Uhr bis 15:00 Uhr Dienst. Dort gab es so viele neue Eindrücke zu
sehen, sodass ich mich fast schon wieder wie an meinen ersten Tag meiner
Ausbildung zurück versetzt fühlte. Jedoch haben mir die Mitarbeiter
immer alles schön geduldig erklärt. Das Hotel ist hauptsächlich auf
internationale Geschäftsreisende und Tagungen ausgerichtet, jedoch auch
Urlauber und sogar der FC Zürich und der FC Lugano übernachteten dort.
Durch die vielen internationalen Gäste konnte ich mein Englisch voll
ausschöpfen, was ich besonders toll fand.Meine anfangs
erwähnte Kollegin stattete mit Mareike G., die letztes Jahr ihre
Ausbildung im Gesundheitszentrum Oberammergau abgeschlossen hatte, einen
Besuch ab im Hotel ab. Seit Andrea ihr Praktikum vor drei Jahren
absolviert hat, schau sie ab und an im Hotel Sommerau Ticino vorbei. So
unternahmen wir dann auch immer verschiedenes nach Feierabend.Als
die zwei dann abgereist waren und nach dem Wochenende, startete ich in
die zweite Woche, dieses Mal mit fünf Tagen Spätdienst von 14:00 Uhr bis
23:00 Uhr. Die Aufgaben bestehen hauptsächlich daraus, Arbeiten für den
nächsten Tag vorzubereiten und anreisende Gäste zu empfangen. Man
schreibt die Tagesmenüs für den nächsten Tag, druckt die Meldescheine
für die morgige Anreise aus, teilt die Zimmer zu, um nur ein paar
Beispiele zu nennen.
An den Wochenenden haben mir meine
Gasteltern oft viel von der Schweiz gezeigt. Mal eine Cabriolet-Tour
querfeldein, mal shoppen in Zürich. Ob ins Kunsthaus oder bummeln in
Luzern.Dann war auch schon die dritte und letzte Woche
gekommen. Die ersten zwei Tage arbeitete ich im Service des Restaurants
im Golfclub. Dieser befindet sich ca. drei Kilometer von Hotel weg, in
dem Ort Unterengstringen. Leider hat das Wetter nicht so richtig
mitgespielt, deshalb kamen nur wenige zum Golfen, ergo weniger Gäste.
Aber Arbeit findet man immer!
Am Mittwoch vor der Arbeit nahm
mich mein Gastvater dann auch zu einem Mittagessen vom Rotary-Club mit,
wo ich mich dann ebenfalls vorstellte. Zu erwähnen ist an dieser Stelle,
dass Rotary die Austauschorganisation „visite“ ins Leben gerufen hat.Von
Mittwoch bis Freitag arbeitete ich an meinen letzten Tagen im Service
des Hotels, ob am Frühstücksbuffet, Mittag- oder Abendessen. Ich habe
hauptsächlich Tische eingedeckt, Speisen serviert, Getränke eingeschenkt
und abgeräumt. Mein letzter Arbeitstag war dann auch
schneller da als erwartet, denn die Zeit verging wie im Flug. Schweren
Herzens verabschiedete ich mich von allen im Hotel. Ich musste bald
weiter, meinen Freund vom Züricher Hauptbahnhof abholen, der extra kam
um ein paar Tage in der Schweiz mit mir zu verbringen. Eigentlich war ja
der 04. Juni als Abreisetag angedacht, jedoch verbrachten wir zwei Tage
länger in der Schweiz, weil es uns einfach so gut gefiel.Es
ging jedoch dann Richtung Heimat mit dem Auto. Wieder verabschiedete ich
mich und wir fuhren los, jedoch freute ich mich trotzdem auf zu Hause.
Fazit: Die
anfängliche Nervosität war völlig unrecht. Es hat mir so viel Spaß
gemacht so viel neues zu sehen und so viel liebe Menschen kennen lernen
zu dürfen, dass ich mich unbedingt bei Familie Frapolli, den
Mitarbeitern, der Gastfamilie, der Organisation und meinem Betrieb, der
mir das alles möglich gemacht hat, bedanken muss. Ich kann das Ganze nur
jedem ans Herz legen so einen Austausch mitzumachen, denn man muss
alles mitnehmen, was man kriegt!Schlussendlich bin ich auch schwyzifiziert!