Erfahrungsbericht

Anne
Hotelfachfrau

Anne
Hotelfachfrau EFZ im Parkhotel Schwert in Weesen nach London ins Mandarin Oriental Hyde Park

Ich bin Anne aus Sargans und bin zurzeit im 3. Lehrjahr im Bereich Hotellerie im Parkhotel Schwert in Weesen (SG). Dort lerne ich die Etagenarbeiten, Frühstücks- und ganztäglicher Restaurantbetrieb, Rezeption und auch in der Wäscherei bin ich tätig.

Meine Berufskundelehrerin, Frau Ochsner, kam einmal Mitte des 2. Lehrjahres auf mich zu und fragte mich, ob ich eventuell interessiert sei, einen Austausch zu machen. Sie erwähnte London und dass eventuell eine Möglichkeit bestehe, einen anderen, grösseren Betrieb kennenzulernen. Ich war natürlich sofort begeistert. Frau Ochsner gab uns immer, sobald etwas neues zum Projekt bekannt wurde, Bescheid. Mitten im 5. Semester hatten wir einen Infonachmittag, wo uns alle schon bekannten Informationen aufgezeigt wurden. Zum Beispiel bekamen wir schon provisorische Daten, wann der Austausch stattfinden würde und sogar wo wir eingeteilt wurden. Ich war so glücklich, als ich sah, dass ich nach London gehen durfte, und dann noch in ein 5-Sterne Hotel!
Es wurde uns alles erklärt, auch wie das Ganze mit Visite funktioniert und so legten wir los mit der Organisation.
Es hiess, wir könnten vom 10.-22. Februar  nach London gehen. Also richteten wir alles nach diesen Daten, ich legte daher auch meine Ferien um diese Zeit. Mitte Dezember bekam ich aber ein Email vom Mandarin Oriental, dass ich schon am 27. Januar den Austausch beginne. Also musste ich das Ganze verschieben. Zum Glück hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nichts gebucht.

Franziska aus meiner Klasse und zwei Restaurationsfachleute aus der ABZ konnten auch mit ins gleiche Hotel. Daher dachten wir alle, es wäre gut, wenn wir alle zusammen buchen, dann könnten wir uns auch gemeinsam eine Airbnb Wohnung nehmen.
Wir flogen also am 26.1.2020 nach London und suchten nach der Wohnung. Zuerst waren wir etwas verirrt aber dann fanden wir es doch noch. Es hiess "Kensington Church street, Church close". Wir brachten unser Gepäck in die Wohnung und gingen dann Essen für die ersten paar Tage einkaufen. Es hatte viele kleine Läden in der nahen Umgebung. Wir hatten also kein Problem, etwas Gutes für alle zu finden.
Wir dachten uns, dass es vielleicht gut wäre, einmal kurz zum Mandarin Oriental zu fahren, damit wir den Weg schon wissen für Montag. Also nahmen wir die U-Bahn bis zum Hotel, welches in Knightsbridge war. Später stellte sich dann heraus, dass wir viel schneller wären, wenn wir den Bus Nummer 452 in Richtung Vauxhall nehmen würden.

Am Montag begannen Franziska und ich um 9:00 Uhr und wurden zuerst gleich über die eigene Sicherheit aufgeklärt und hörten ein bisschen etwas über die Geschichte des Hotels. Wir mussten einige Formulare ausfüllen und bekamen eine Access-Card, die überall im Hotel bei den für uns befugten Türen funktionierte. Nach dem ganzen Informationsfluss wurden wir direkt auf der Etage in die Zimmer eingeteilt. Wir bekamen je eine Begleitperson, die uns die Abläufe erklärte, Aufgaben erteilte und sonstige wichtige Punkte aufzählte.
Ich machte also Betten, saugte den Boden, reinigte die Schränke und Badezimmer und füllte die fehlenden Dinge, wie z.B. Kugelschreiber, Shampoo und weitere Dinge auf, sodass die Zimmer wieder vollständig waren. Die ersten drei Tage waren alle gleich vom Ablauf her, wir begannen um 8:00 Uhr und waren um 16:30 Uhr fertig. Jeden Morgen, wenn die Frühschicht begann, gab es ein "Briefing", wo die Supervisors wichtige Neuigkeiten, Gästeinformationen und weitere relevante Punkte bekannt gaben, damit die Zimmer richtig und den Gästewünschen entsprechend gereinigt werden konnten.
Am Donnerstag und am Freitag hatten wir Spätdienst und arbeiteten von 14:30 Uhr bis 23:00 Uhr. Bei diesem Dienst geht es hauptsächlich darum, die Couverture, das heisst, das abendliche Bettaufdecken durchzuführen. In England sagt man dem "Turn-down-service". Man reinigt das Bad nochmals, falls nötig, man bereitet die Bettdecke vor, dass die Gäste direkt ins Bett liegen können, die Slippers werden neben das Bett gelegt, eine Flasche Wasser stellt man auf den Nachttisch, die Lichter werden gedimmt und der Fernseher wird eingeschaltet mit orientalischer Musik und einem Video vom Hotel. Das Beste finde ich das kleine Geschenk, welches man aufs Bett legt. An jedem Wochentag ist es ein anderes Geschenk, das den Gästen ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. An beiden Tagen durfte ich in der Royal Suite mithelfen, wo eine arabische Sheika übernachtete. Es war eine sehr lehrreiche und aufregende Woche.

Wir vier, Jan, Yvonne, Franziska und ich, hatten am Wochenende frei und konnten so unsere Ausflugswünsche planen. Wir gingen zum Big Ben, der leider immer noch eingepackt war, wir waren auf dem London Eye, besuchten Waterloo, gingen in den grossen Primark und assen in einem schönen Restaurant. Am Sonntag machten wir einen Shoppingtag und gingen ins Westfield Center. Als wir alles gesehen hatten und unser Geld zu Ende war, gingen wir bowlen und wie es sich gehört, gewannen die Frauen die erste Runde.
Wir assen noch schön zu Abend und Jan ging dann mit einem Freund etwas durch die Stadt. Also machten wir Frauen uns einen schönen Mädelsabend in der Wohnung und liessen das Wochenende ausklingen.

In der zweiten Woche waren wir am Montag nochmals auf der Etage. Franziska und ich waren in der ganzen Woche zusammen eingeteilt und arbeiteten immer miteinander. Am Monat durften wir selbstständig die Zimmer zur Reinigung vorbereiten. Wir nahmen alles, was Abfall war weg, zogen die Betten ab und entfernten die schmutzige Wäsche aus dem Bad.
Das fand ich eine sehr einfache und entspannte Aufgabe, bis wir zu den letzten Zimmern kamen. Dort gab es extrem viel vorzubereiten. Die Zimmer waren von Abfall überdeckt und wir brauchen mehr als doppelt so lange, wie für die anderen Zimmer.
Schlussendlich haben wir es aber doch noch geschafft und wir konnten um 18:30 Uhr nach Hause gehen. Die letzten vier Tage waren wir in der Wäscherei eingeteilt. Wir durften den Mitarbeitern die Uniformen geben, Wäsche waschen, Gästewäsche beschriften, bügeln, dämpfen und nähen. Es hat mir sehr gefallen in der Wäscherei, vor allem, weil man nie weiss, was noch alles auf einen zukommen wird. Die Wäschereimitarbeiter wollten uns gleich dort behalten und habe uns gesagt, dass wir eine Riesenhilfe für sie waren in diesen Tagen. Das hat uns natürlich sehr gefreut, denn uns hat es auch Spass gemacht.
Am Freitagmorgen war ein Housekeeping-Meeting, wo Neuigkeiten, Ziele, Fokus und weitere wichtige Informationen besprochen wurden. Es war sehr interessant, denn bei uns im Hotel gibt es keine solchen Team-Meetings. Es war echt toll, bei so etwas mal dabei sein zu dürfen. Nach dem Meeting gingen wir wieder in die Wäscherei und arbeiteten dort noch bis 15:00 Uhr.
Danach wurden wir eingeladen, in der Bar Bouloud zu essen. Es war sehr lecker und eine schöne Geste vom Hotel, uns noch ein 3-Gang-Menü zu offerieren.

Die ganzen 2 Wochen waren wahnsinnig lehrreich und auch etwas verblüffend, einfach weil alles so viel grösser ist. Es ist, als würde man in einer anderen Welt arbeiten. In meinem Betrieb sind wir 15 Mitarbeiter und dort sind es zirka 650-700. Die Personalräume, Umkleideräume oder auch die Kantine sind viel grösser, als ich es mich gewohnt bin. Es war wirklich eindrücklich. Ich kann gar nicht sagen, was mir am besten gefallen hat, denn diese Wochen haben mir wirklich gezeigt, dass man nicht immer nur Ferien machen muss, um wahnsinnige Erfahrungen und Erlebnisse zu machen. Ich kann so einen Austausch jedem empfehlen, der gerne Neues lernt und andere Perspektiven kennen lernen möchte. Es hat mir sehr geholfen, gerade für die Abschlussprüfungen in diesem Bereich. Aber auch sonst habe ich einen völlig neuen Eindruck erhalten, was man in einem kleinen Hotel eben nicht so hat.

Ich möchte mich ganz herzlich bei meiner Berufskundelehrerin Frau Ochsner bedanken, da Sie mich für dieses Projekt ausgewählt und eingeführt hat. Auch möche ich Herrn Muggli danke sagen, dass er für uns die Unterkunft und den Flug organisiert hat.
Zuletzt möchte ich mich noch ganz herzlich bei Visite bedanken für die grosszügige finanzielle Unterstützung.
Herzlichen Dank für diese einmalige Erfahrung!